Universitäre Medizin lebt davon, dass das klinische Vorgehen der medizinischen Evidenz folgt und an Stellen, wo die Evidenz nicht existiert, diese geschaffen wird.
Die Implementierung eines leitliniengerechten perioperativen Versorgungsstandards für insbesondere ältere Patientinnen und Patienten wird seit dem 1.10.2023 durch einen Qualitätsvertrag am TUM Klinikum unterstützt und bietet als ein langfristig angelegtes, innovatives Versorgungsprojekt die Möglichkeit, die Behandlungsstrukturen am TUM Klinikum an die Anforderungen unserer Patientinnen und Patienten anzupassen. Mit der AOK Bayern konnten wir die größte Krankenkasse Bayerns mit mehr als 4,5 Millionen versicherten Personen als bedeutenden Kooperationspartner gewinnen.
Gemeinsam beabsichtigen wir - mit einem Fokus auf präventive Maßnahmen - die Häufigkeit und Schwere des postoperativen Delirs, als ernst zu nehmende Komplikation während des stationären Aufenthalts zu reduzieren und so Mortalität und Morbidität zu senken.
Auch über den Zeitraum des Qualitätsvertrages hinaus werden die etablierten Versorgungsstandards, ggf. in angepasster Form, bestehen bleiben, um Ihnen eine optimale perioperative Versorgung zu gewährleisten.
Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen und stehen Ihnen bei Fragen jederzeit gerne zur Verfügung.
Ihr Delirteam des TUM Klinikums
Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), bestehend aus Mitgliedern von Krankenhäusern, Krankenkassen sowie der Ärzteschaft, hat beginnend 2017 Leistungen bzw. Leistungsbereiche festgelegt, zu denen nach § 110a SGB V so genannte Qualitätsverträge geschlossen werden können. Ziel ist es die Qualität der stationären Behandlung durch Einhaltung besonderer Qualitätsanforderungen zu steigern.
Einer der inzwischen acht bestehenden Versorgungsbereiche ist die „Prävention des postoperativen Delirs bei älteren Patientinnen und Patienten“, zu dem das TUM Klinikum zum 01.10.2023 gemeinsam mit der AOK Bayern einen Qualitätsvertrag geschlossen hat.
Die Umsetzung der Qualitätsverträge geschieht auf einem Evaluationskonzept des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG).
Für unsere Patientinnen und Patienten streben wir durch die klinische Umsetzung und optimierte Versorgung eine Reduktion des Auftretens des postoperativen Delirs verbunden mit einer Senkung der Sterblichkeit und Erhalt der Selbstständigkeit im Alltag an.
Weitere umfassende Informationen erhalten Sie auf den Internetpräsenzen des G-BA sowie des IQTIG.
Sehr geehrte Patientinnen und Patienten,
sehr geehrte Angehörige und Zugehörige,
in den ersten Tagen nach einer Operation kann ein sogenanntes postoperatives Delir auftreten. Bei einem (postoperativen) Delir handelt es sich um einen Zustand akuter Verwirrtheit und präsentiert sich als eine oft vorübergehende, akut auftretende Störung von Bewusstsein, Aufmerksamkeit und Denkvermögen. Die betroffene Person kann dabei verändert, verwirrt und / oder vergesslich erscheinen. Für die Betroffenen und deren An- und Zugehörige kann diese postoperative Krankheitsphase herausfordernd sein und stellt eine ernst zu nehmende Komplikation dar.
Auch im Rahmen einer intensivmedizinischen Behandlung ist das Auftreten eines Delirs möglich, selbst wenn die Operation bereits eine längere Zeit her ist oder noch bevorsteht.
Aus diesem Grund führen wir bei geplanten Operationen im Vorgespräch zur Narkose durch gezielte Fragen und strukturierte Tests zur geistigen und körperlichen Leistungsfähigkeit durch, um individuell festzustellen, ob bei Ihnen oder Ihrer/m Angehörigen ein erhöhtes Risiko für ein postoperatives Delir besteht und besprechen das geeignete Narkoseverfahren. Sollte ein individuell erhöhtes Risiko festgestellt werden, wird auf die Einhaltung vorbeugender Maßnahmen geachtet, um die Entstehung eines Delirs zu verhindern.
Sie selbst können ebenfalls erkennbar dazu beitragen einem Delir vorzubeugen oder bei der Therapie zu unterstützen:
- Informieren Sie uns, falls nicht bereits geschehen, möglichst umfassend über Vorerkrankungen, Dauermedikation und Alltagsgewohnheiten.
- Bringen Sie alle sensorischen Hilfsmittel (z.B. Brille, Hörgerät, Zahnprothese) mit, die im Alltag benötigt werden.
Bringen Sie gerne Fotos Ihrer Familie oder Freunde, sowie ein Lieblingsbuch, Lieblingsmusik oder Lieblingsduft mit ins Krankenhaus, um eine vertraute Umgebung zu schaffen. Teilen Sie uns gerne die Alltagsgewohnheiten Ihres/r Angehörigen mit. - Kommen Sie gerne so oft es Ihnen möglich ist zu Besuch. Unternehmen Sie, wenn es die Situation zulässt, gemeinsam kleine Spaziergänge zu Fuß, im Rollstuhl im Haus oder Garten.
- Vermitteln Sie Vertrauen und sprechen Sie ruhig mit Ihrem Angehörigen. Helfen Sie bei der Orientierung zu Situation, Ort und Zeit. Es kann notwendig sein dies öfter zu wiederholen.
- Helfen Sie uns ein Delir zu erkennen: Sprechen Sie uns an, wenn sich das Verhalten der Patienten oder des Patienten verändert. Sie kennen sich und Ihre/n Angehörige/n am besten.
Der folgende Flyer bietet einen umfassenden Überblick rund um das Thema Delir und die Versorgungsstruktur am TUM Klinikum Rechts der Isar.
Inhalt der wissenschaftlichen Begleitung des Projekts ist es, die häufigsten und relevantesten Risikofaktoren sowie präzisesten und klinisch am besten anwendbaren Testinstrumente zur Erfassung von Risikofaktoren für die Entstehung eines postoperativen Delirs bei Patientinnen und Patienten ≥ 65 Jahre am TUM Klinikum zu identifizieren. Dies ermöglicht die Auswahl der optimalen Selektionsinstrumente für (Hoch-)Risikopatientinnen und Patienten, die einen angepassten, leitliniengerechten Versorgungsstandard zur Prävention des postoperativen Delirs erhalten. Ziel ist es das Auftreten eines postoperativen Delirs zu reduzieren, Mortalität und Morbidität zu senken, Pflegebedürftigkeit und Institutionalisierung zu vermeiden sowie die Lebensqualität und Autonomie unserer Patientinnen und Patienten zu erhalten.
Wir freuen uns, wenn Sie uns erlauben die bei Ihnen während des stationären Aufenthalts erhobenen Routinedaten anonymisiert auswerten zu dürfen.
Wir schaffen gemeinsam Strukturen zur perioperativen Delirprophylaxe.
Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite der AG Perioperative Neurokognition